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2022 - Hollenlauf
Geschrieben Mai 2022 Es gibt sehr gute Gründe, warum ich dieses Jahr wieder zum Hollenlauf gekommen bin. Ich möchte zum einen noch meine Schlappe vom Hollenlauf 2018 ausbügeln, wo ich ein paar Kilometer vor dem Ziel aufgegeben habe. Das habe ich nicht vergessen und das nagt an mir. Aber das Gefühl der Niederlage ist gut erträglich, weil ich es damals wirklich drauf angelegt hatte und voll in den eignen Übermut gelaufen bin. Viel wichtiger ist, dass der Hollenlauf sehr schön, liebevoll organisiert, preiswert und nah dran ist. Außerdem bin ich fit. Das waren die wichteren Gründe wegen denen ich Freitag Abend mit dem Schatz nach Bödefeld im Sauerland gefahren bin. Wir haben auf dem Marktplatz mit gefeiert und gegessen und vor allem die gut 350 Wanderer auf der 101-Kilometer-Strecke in die Nacht verabschiedet. Für mich sind das die wirklichen Heldinnen und Helden dieses Laufes. Es heißt ja auch überall: HollenMarsch, nicht HollenLauf. Ich bin aufgeregt, spüre das Startfieber. Andere loslegen zu sehen, ohne selbst mit machen zu können, steigert meine Ungeduld. Ich hüpfe auf der Bank. Danach haben wir uns im Auto schlafen gelegt. Morgens bin ich vor dem Wecker wach, ziehe mich schnell an und ab geht's zum Frühstück in der Schützenhalle. Dieses Frühstück ist der Wahnsinn! Schau Dir das Bild von dieser Halle an. So was gibt's glaube ich nirgendwo sonst, bei keinem Laufevent.
Schon nach wenigen 100m ist das Feld so weit auseinander gezogen, dass ich allein unterwegs bin und mich kurz hinter dem Soldatengrab prompt verlaufe. Ich hole den Garmin raus, denn mir reichen die 101 Kilometer, mehr müssen es wirklich nicht werden. Den VP 3, „Nasse Wiese“, erreiche ich um 08:30, also 2,5h für die ersten 20km. Das ist ok. Keine Heldentat aber ok. Beim Hollenlauf ist das erste Viertel definitiv das mit den meisten Höhenmetern, also am Anfang nicht übertreiben. Hinter Nasse Wiese kommen ein paar kräftige Höhenmeter die ich als Hundegrab kenne. Bei Altastenberg steht eine große Sammlung wirklich schöner Oldtimer. Hier machen anscheinend Leute Urlaub, die wesentlich mehr Geld haben als ich. Aber wahrscheinlich habe ich die größere Fitness, zumindest jetzt noch, bevor es den Skihang hoch geht.
Nächster VP ist Lenneplätze. Hier läuft ein gemütlicher Heizpilz und gute Musik, aber ich muss ja weiter. Es ist so unglaublich grün hier! Die Natur protzt mit allen Varianten von Grün und es duftet so wunderbar nach Blumen und Gras und Wald. Wunderschön. Man merkt, dass ein guter Frühling in einen reichen Sommer übergeht und das Land sich freut. Die richtige Menge Regen und Sonnenschein und alles wächst und gedeiht. Herrlich. Eine der blumigsten Blumenwiesen in dieser blühenden Landschaft ist am VP Kühude (Km 40 nach 5:00). Und von hier geht es noch weiter durch die einsame Gegend. Ich beginne die Hälften herbei zu sehnen. Die eine Hälfte des Laufes ist sicher Kilometer 50 kurz hinter VP Jagthaus (km 50 nach 6:00). Ich könnte an diesem VP auf die 83km um-buchen. Aber ich will die 101. Eigentlich fühle ich grade, dass die die 101 zwar nachher geschafft haben will, aber jetzt grade nur 50 laufen möchte. Doofes Dilemma. Meine Partnerin wandert grade in und um Bödefeld die 21 Kilometer. Ich denke an sie und drücke ihr die Daumen. Auf der anderen Seite könnte sie mich ja auch irgendwo abholen, wenn ich aufgebe? Versuchung, lass nach! Dann kommt die richtige Hälfte: der Wendepunkt am Rhein-Weser-Turm (Km 58 nach 7:00). Ab jetzt nur noch ein Marathon. Ein einsamer Marathon. Lang. Ich zähle ab dem Wendepunkt, wie viele Läufer noch hinter mir kommen und es sind nur drei Läufer und die eine Läuferin, die vorhin am Kahlen Asten das Bild von mir gemacht hat. Als ich den VP Jagthaus wieder erreiche, will die Mannschaft schon am liebsten nach hause. Auch für diese lieben Helfer war es ein langer, langer Tag nach einer noch längeren Nacht. Schließlich sind die ja seit gestern Abend hier, weil vor uns noch die Wanderer hier durchgekommen sind. Tolle Leistung! Danke! Auch an Kühude freut man sich über meine Info, dass nur noch vier Leute hinter mir kommen. Als ich den VP Lenneplätze (Km 87 nach 11:00) wieder erreiche, erkenne ich sofort das Lied aus den Lautsprechern. Gleich der erste Sound bringt mich zum Lachen: Zoff – Sauerland! Mein Herz schlägt für das Sauerland… Gibt es einen geileren Moment für diesen Song, als den VP Lenneplätze? Die fröhlichen Damen feiern das Lied und freuen sich, dass ich jede Zeile begeistert mit singe. So kommt Stimmung auf. Ab jetzt überhole ich tatsächlich immer wieder einzelne Wanderer, die sich auch nach dem Ziel sehnen. Müde, krumme Gestalten, denen es nicht besser geht als mir. Plötzlich trifft mich ein stechender Schmerz in der rechten Hüfte. So hart, dass ich kurz aufschreie und zu Boden muss. Erst denke ich, dass ich mir das Gelenk verdreht habe, aber dann wird mir klar: es ist ein Krampf im Oberschenkel! Das hatte ich noch nie! Ich knie auf allen vieren auf dem Boden und kann vor Schmerz kaum Luft holen. Zu allem Überfluss ist es auch noch genau die selbe Stelle, an der ich 2018 gescheitert bin und aufgegeben habe. Ich probiere ein bisschen aus, was den schrecklichen Krampf auslöst und stelle fest, dass es das kräftige Marschieren ist, was mich bisher so gut die Steigungen hoch gebracht hat. Ganz langsam spazieren geht. Und locker Traben ist vom Krampf her auch ok. Also versuche ich so viel wie noch möglich zu traben. Anstrengend. Das hier ist, zusammen mit Dodentocht 2007, mein längster 100er. Manche 100er sind wirklich viel länger als andere!
Dann Bödefeld. Bödefeld ist jetzt eine ausgedehnte Siedlung, fast schon eine Stadt. Jedenfalls viel größer als heute morgen, so viel ist sicher. Aber irgendwann doch der Ziel-Lautsprecher. Und dann bin ich da. Völlig kaputt. Und ich fange mal wieder an zu heulen vor Erleichterung und Erschöpfung und Freude. Fazit: lang und hart, aber geil! Der Hollenlauf ist der Hammer! Und diesmal habe ich alle richtig gemacht. Richtig geschlafen, richtige Kleidung, richtig gegessen und getrunken und dem Training angemessenes Tempo. zurück zur Startseite |