2017 Sengbach
Geschrieben August 2017
Der diesjährige Sengbach-Talsperren-Lauf passte einfach gut in meinen Kalender. Wollte hier schon lange mal laufen, schließlich gibt es den Lauf schon seit 42! Jahren, aber irgendwie hat es nie gepasst. Dieses Jahr schon! Am 5. Mai 2017 hat Max Manroth mein Knie, was bei der TTdR 2016 kaputt gegangen ist, wieder geheilt. Und seit dem habe ich vorsichtig trainiert und ein paar nette Läufchen mit Susanne Alexi gemacht und den Sommerurlaub zum laufen genutzt (Die Kinder wollen eh nichts mehr unternehmen). Der 30er sollte also heuer drin sein.
Ich fahre also, weil ich mich so gut fühle, gleich mit dem Rad hin. Aus Umweltgründen, weil das Wetter schön ist, weil das Bergische Land schön ist, etc. Und vor allem: weil ich es kann! Hö hö hö Da hatte ich vor dem Start schon mal ein paar 100 Höhenmeter zusammen und war auch ordentlich warm. Geil ist: das Rad kann ich direkt am Start im Wald parken, während die anderen Läufer noch 500m vom Parkplatz aus laufen müssen. Nachmelden, Kaffee und Brötchen genießen, Renn-Atmosphäre, Vorfreude: jaaaaaaa!! Ich hab es so vermisst!!!
Wo ich im April, vor meiner Heilung, beim Königsforst trotzig-ängstlich am Start des Halbmarathons war: jetzt nur Vorfreude. Damals mit der inneren Erwartung, dass mir der angebliche Wunderdoktor endgültig das Ende meiner Laufleidenschaft bestätigen würde, bin ich gestartet um noch ein letztes mal zu laufen und dann langsam zu verfaulen, ohne Trails, ohne Abentuer, ohne Leben. Ich hab ne dicke Ibu genommen und war bereit für mein letztes Rennen und alle Qual der Welt.
Heute stehe ich hier und bin zuversichtlich, dass ich die drei Runden um die Talsperre a 10km ganz gut und ohne Schmerzen schaffe. Im Training hatte ich noch manchmal Phantomschmerzen: das Knie erinnert sich noch zu gut daran, wie schrecklich weh es getan hat. Ich musste dann tief in mich hinein horchen, um sicher zu gehen, dass alles ok ist. Wie wird das heute beim Rennen?
Los geht's. Drei Runden, jede gut 10km, um die Talsperre. Vorher vom Start steil Runter und nachher wieder hoch. Ich trabe kontrolliert los, langsam bis unten. Gleich sehe ich, dass jeder Kilometer ausgeschildert ist und ich habe für den ersten davon genau sechs Minuten gebraucht: super! Weiter so. Es geht leicht wellig voran, in jeder Runde kommen so um die 200Hm zusammen, die Strecke sind feste Forstwege und es gibt zwei VPs mit Cola, Wasser, Iso und Bananen.
Meine zweite Hoffnung, nach "Schmerzarm ankommen" ist es, die 30km unter drei Stunden zu schaffen. Das ist auf der ersten Runde leicht: die 10km sind nach 54 Minuten geschafft und überhaupt keine Probleme. Ich wittere Morgenluft! Die zweite Runde gebe ich also mehr Druck auf die Sohlen und strenge mich ein bisschen mehr an. Statt vier Schritte pro Atemzug sind es jetzt nur noch drei: 20km nach 1:52. Super.
Zwischendurch spricht mich jemand auf mein TorTour de Ruhr-Shirt an, was ich trage. Er hat mehr Luft als ich und erzählt mir von dem, was er über die TTdR gehört hat. So Ultra-Läufer sind ja ein ganz seltsames Völkchen. Bei einem Traillauf in den Alpen hat er eine Frau in genau dem gleichen Shirt getroffen, die hat beim Laufen an den Bergauf-Stücken GERAUCHT! Der Mann ist immer noch tief beeindruckt von so viel Seltsamigkeit. Ich sage nur: "Die Läuferin: war die ca. 160 groß, schlank, schwarze Locken, Energiebündel?" Ja, genau so sah sie aus! Anja Tegatz, war ja klar!
Die dritte Runde: ich gehe jetzt noch großzügiger mit meinen Kräften um: zwei Schritte pro Atemzug. Es ist relativ leer auf der Strecke: die Halb-Marathonis und 1-Runder sind weg. Ich kann zwar noch mal den einen oder anderen überholen, aber das ist nur noch Ergebnis-Kosmetik. Mein Vorsprung auf die drei Stunden ist auf komfortable zwölf Minuten gewachsen und ich renne fröhlich und voller Begeisterung durch den Wald. An einer der Verpflegungsstellen nehme ich mir noch mal die Zeit, mich von den netten Helfern fotografieren zu lassen. Läuft. Bergab, bis zur Staumauer. Jetzt noch n paar Meterchen rauf.
Ein paar viele Meterchen. Die 30km habe ich schon voll, aber vom Ziel keine Spur. Ich hätte die Ausschreibung besser lesen sollen, wie lang der Lauf genau ist! Hoch, immer weiter hoch. So lang war das doch heute morgen nicht. Ich will unter drei Stunden, wo ist dieses Ziel? Der Atem pfeift aus dem letzten Loch, die Oberschenkel brennen, die Uhr tickt, ich laufe immer weiter. Tatsächlich ist das hier ein "3/4-Marathon" und die die Strecke ist 30,9 Kilometer lang! Zieht sich also.
Und dann bin ich durch! Locker unter Drei, mein rechtes Knie tut nicht mehr weh, als es soll, die Sonne scheint noch viel heller als heute morgen! Perfekt. Ich esse was, trinke was, genieße.
Zurück mit dem Rad ist auch angenehm: ich lasse mich auf einer zum Radweg umgebauten alten Bahnlinie, der Balkantrasse, nach hause rollen. 20km weit nur bergab!
Fazit: toller Tag, mein erster Marathon nach der Heilung kann kommen!
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