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2006 - Olne-Spa-Olne, auch OSO genannt

Geschrieben November 2006

Seit ich gelegentlich Ultras Laufe, gibt es eine Uhrzeit, zu der ich immer mit Begeisterung aus dem Bett komme: 03:30! Im Ernst: halb Sieben heißt: Arbeit, aber wenn der Wecker um halb vier klingelt nimmt mein Körper das als sichere Zeichen für einen ganzen Tag laufen.

Anziehen, Brote schmieren, und schon steht Markus W. vor der Tür. Wir fahren zusammen zu Markus H. und dann weiter nach Belgien. Der Navi führt uns durch Nacht-Schlafene Dörfer und verlassene Weiler. Die Häuser sind aus schweren grauen Natursteinen gemauert und könnten als Kulisse für einen Zombie-Film dienen.
Wir machen schon Scherze darüber, daß es den Lauf in Wirklichkeit gar nicht gibt: es könnte bloß ein Trick sein, dumme Lauf-Touris als Futter in diese gottverlassene Gegend zu locken.
Endlich: ein Auto! Ich fahre in der Mitte der schmalen Fahrbahn, damit der entgegenkommende gar nicht erst auf die Idee kommt, vorbei zu fahren, und halte ihn auf diese Weise an. Der Fahrer spricht, wie praktisch alle hier, nur Französisch, aber Olne-Spa-Olne versteht er. Und siehe da: wir sind keine 50m vom Start entfernt. *freu* Und für die Zukunft: Leute vergesst die Angabe auf der Website des Veranstalters mit dem "Chalet"! Der Start ist genau hier: 05°45'9.20'Ost zu 50°35'25.88Nord.

Das Nachmelden klappte um sechs Uhr früh noch ganz gut, später gab es allerdings arges Gedränge, da der Lauf in den letzten Jahren von 50 auf über 300 Teilnehmer gewachsen ist. Französisch-Kenntnisse sind übrigens von Vorteil, aber nicht Bedingung, da Internationalisch und Gestikulierisch auch prima verstanden wird. Andere Sprachen braucht man gar nicht erst zu versuchen (ausser vielleicht noch Flämisch).


Nach dem Start um 8:00Uhr ging's erst mal bergab, zum eingewöhnen sogar so sanft, daß ich laufen konnte. Warum ich das schreibe: sehr viele, wenn nicht sogar die meisten, der folgenden Gefälle, waren so steil und schlammig, daß vorsichtiges Gehen die bessere Fortbewegung war!

Bis km 10 bin ich mit Markus W gelaufen, der aber dann zu schnell für mich war. Dazu muß man sagen, daß es auch einige Feldwege, und sogar ein paar Meter Asphalt gab. überwiegend aber ging es auf kleinen Waldpfaden über Kuhwiesen, durch knöcheltiefes Wasser, schuh-ausziehenden Schlamm und glitschige Hänge entlang. Dabei waren diese ersten 10km auch die härtesten: es ging eigentlich NUR durch den Schlamm!

Nach etwa einem Viertel der Strecke gab's die erste Verpflegungsstelle. Das war zwar nur ein kleiner Tisch im großen Wald, aber es gab die von mir so begehrten Rosinen, Iso, Wasser und eine mir unbekannte Sorte Energieriegel. Ich habe aber, ausser den Rosinen, nur meinen Trinkrucksack gefüllt und einen meiner eigenen Riegel gefuttert.

Ab etwa Km20 wurde es dann etwas leichter, zumindest im Verhältnis zum ersten Teil. Wann immer mich jemand überholen wollte, habe ich freundlich gegrüßt, wobei die Franzosen sich nie auf eine Standart-Antwort einigen konnten. Wenn ich mit: Hallo gegrüßt habe, kam ein freundliches: "Bonjour" zurück. Ok, dachte ich, das scheint der landestypische Gruß zu sein, und sprach den Nächsten mit: Bonjour an, worauf der mit: "ca va?" geantwortet hat. Wie konnte es anders sein, mein: "ca va?" wurde mit einem: "salué" erwidert und auf: "salué" kam ein: "allo" zurück. Scheint wirklich nicht leicht zu lernen zu sein, diese Sprache.


An der nächsten Verpflegungsstelle bei etwa km 33 habe ich vor mir jemand gesehen, der ein Deutsches Finsher-Shirt an hatte, und ungefähr so halb-fit aus sah, wie ich mich gefühlt habe. In der richtigen Mischung aus Kölscher Kontaktfreude und Mangel an Gesprächpartnern habe ich ihn von hinten angesprochen und auf diese Weise Thomas kennen gelernt, mit dem ich die nächsten Stunden zusammen geblieben bin. Wir hatten tatsächlich ein ähnliches Tempo, waren wirklich gleich gut drauf und haben auch noch einen ähnlichen Humor: die kommenden 4:30h Schlamm-Catchen haben wir also gemeinsam genossen.

Dazu war das Wetter wirklich prima: etwa 15°C, windstill und trocken. Neben einigen Bergen gab es auch immer wieder diverse Vieh-Gatter zu überwinden, und es gab das selbe abwechslungsreiche Spiel, wie bei der Begrüßung. Nach 10 einfachen Drehkreuzen, wie ich sie kenne, kam eine besonders gemein Konstruktion. Ich versuche das Drehkreuz mit der Uhr zu drehen: Klonk; geht nicht. Also drehe ich gegen die Uhr: Klonk; auch nur 30° drehbar!?! Des Rätsels Lösung war, sich durch ein mal vor-, und einmal zurück-drehen durch zu quetschen!


Nach dem dritten Verpflegungsstand bei Km 47 kam erst eine ewig lange Serpentinen-Steigung in einem Buchen-Wald und danach keine Markierung mehr. Ich lief hin und her: nichts! Dann habe ich mit pfadfinderischem Spürsinn doch noch eine verwischte helle Spur auf dem Boden ausmachen können, die mal ein Pfeil gewesen sein könnte. Richtig geraten, bald darauf gab es auch wieder die vertrauten Bänder an den Zweigen der Abzweigungen.

Tom und ich hatten beide keine Ahnung, wie lang die Strecke dieses mal tatsächlich wäre, da die Durchsage am Start auf Französisch war. Ein uns bei Km 57 überholender, meinte in sehr gebrochenem English: "Sixty-six" Das war zwar falsch, wie wir nachher raus gefunden haben, aber da er immer noch begeistert von seinem ersten Marathon in Köln schwärmte, vergebe ich ihm.

Ein paar Km weiter, war noch eine Wasserstelle aufgebaut und der Mann dort sagte: "quatre kilomètres" und gab uns damit noch mal einen richtigen Kick. Wir haben es sogar geschafft den zwei Französisch sprechenden Läufern, in deren Nähe wir gut 30km waren, ein paar 100m ab zu nehmen.

Ich hatte auf diesen letzten Km einen echten Höhenflug. Das Wissen, daß es fast geschafft war, zusammen mit dem Gefühl noch einige Kohlen auf dem Feuer zu haben, hat mich beschleunigt. Auch der angekündigte Berg vor dem Ziel war irgendwie viel flacher, als alle Berge vorher!

Plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, war das Ziel vor uns. Hand in Hand sind wir zusammen mit den letzten Stahlen der untergehenden Sonne ein gelaufen!


Fazit:
der OSO ist sogar bei gutem Wetter sehr hart. Die Rahmen-Daten(64km/1800hm) sind zwar genau wie beim P-Weg, den ich vor gut Acht Wochen bei praktisch identischem Wetter gelaufen bin, das Profil ist aber wesentlich härter, so daß ich gut eine Stunde länger gebraucht habe. Wie es bei "Echtem" November-Wetter gewesen wäre, wage ich gar nicht auszudenken (werde es aber vielleicht kommendes Jahr probieren :-)
Nachtrag: Als alter Statistik-Fetischist ist mir grade Folgendes aufgefallen: für fast alle Teilnehmer gilt: das Doppelte der akuellen persönlichen Marathon-Bestzeit ergibt die OSO-Zielzeit!



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